Meike Key ist Texterin und Coach. Sie hat Sprachwissenschaften studiert und lebt mit ihrem Mann in Frankreich. Nach nur 1½ Jahren Festanstellung, hat sie ihre Selbständigkeit gestartet – der Fall war klar…
In diesem Gespräch gehts um einen sanften Übergang von einer Anstellung in die Selbständigkeit, um Sicherheit und Zweifel, ums Weiterentwickeln und Dranbleiben, und ganz im Zentrum steht der Purpose – der Lebenssinn, der einer jeden Selbständigkeit zugrunde liegen sollte.
Du kannst dir das Gespräch als Video anschauen oder es als Text lesen.
Gespräch mit Meike Key – Video
Gespräch mit Meike Key – Text
Meike Key fand sehr schnell in die Selbständigkeit. Ihre Festangestellten-Karriere dauerte nur 1½ Jahre:
„Ich habe nach dem Studium direkt angefangen in einer Festanstellung in einer Übersetzungs-Agentur [in Frankreich], aber ich habe schnell gemerkt, dass dieses Festangestellten-Verhältnis nichts für mich ist.“
Die Strukturen dieses Jobs – vielleicht auch die französischen Strukturen – passten nicht zu ihr, sie fühlte sich nicht wohl, war unzufrieden und irgendwann war klar:
„Ich will hier raus!“
Als Meike wusste, dass sie diesen Job kündigen würde, suchte sie nicht nach einer neuen Festanstellung, denn ein anderer Job mit ähnlichen Strukturen würde keine nennenswerte Veränderung bringen. Darum war der Sprung in die Online-Selbständigkeit gesetzt.
Im Nachblick wird ihr ein weiterer Faktor klar: ihre wichtigsten Werte wurden in diesem Job – in diesen Strukturen – nicht erfüllt.
Selbständigkeit war die logischste Lösung
Die Selbständigkeit war für Meike die logischste Lösung.
„Ich habe im Prinzip einfach nur die Seiten gewechselt. In der Übersetzungs-Agentur war ich zuständig fürs Projektmanagement, habe die passenden Übersetzer gesucht, habe dann die Qualitätskontrolle gemacht und so weiter, und dann habe ich mir einfach gesagt: gut, ich will nicht mehr in dem Unternehmen bleiben, ich will auch in kein anderes Unternehmen mehr – dann kann ich ja einfach die Seiten wechseln und selbst zur Übersetzerin werden.
Darum war der Start für mich auch relativ sanft, weil mein ehemaliger Arbeitgeber dann direkt mein erster Kunde wurde. Das hat für mich auch die Entscheidung leichter gemacht, weil ich wusste, ich muss nicht wieder bei Null anfangen. Ich hatte am Anfang eine gewisse Rückendeckung, weil ich den ersten Kunden schon safe hatte, bevor ich überhaupt gekündigt hab. Von da aus kann ich mich weiterentwickeln. Das hat mir die notwendige Sicherheit gegeben, um sagen zu können: Ich mach das jetzt einfach.“
Meike war insofern in einer komfortablen Situation, weil sie schon in der Anstellung etwas machte, was sie nachher als Freelancerin anbieten konnte.
Manch anderer Job oder Beruf bietet das nicht. Ich als Bibliothekarin war jedenfalls lange überzeugt: „Ich kann ja nichts, was ich als Freelancerin anbieten könnte“, und so geht es vermutlich vielen noch-Angestellten. Wisse einfach: es gibt für alle eine Lösung!
Wellen von Angst und Zweifeln
Auch wenn Meike relativ leicht in die Selbständigkeit startete, war die Angst vor zu wenig Einkommen auch bei ihr da – und sie kommt immer mal wieder.
„Obwohl dir in der Festanstellung auch von einem Tag auf den anderen gekündigt werden kann, ist dieses Verlangen nach Sicherheit [in der Selbständigkeit] nochmals ein ganz anderes. Du bist ja kontinuierlich für alles verantwortlich. Es liegt an dir, obs läuft oder nicht, es liegt an dir, ob du genug Kunden, genug Arbeit, genug Geld hast oder nicht. Es kommt immer wieder mal so in Wellen. Es kommt auch auf die Tagesform an, ob man sich gut fühlt, Hoffnung hat, optimistisch ist oder nicht.
Das darf man aber auch etwas gegeneinander abwägen: Das, was du durch die Selbständigkeit gewinnst für dich, diese Freiheit, die Flexibilität, das wiegt das dann wieder auf, dass du einfach manchmal so diese Momente hast von „ok, in diesem Monat ists etwas ruhiger, geht das jetzt so weiter oder fang ich das wieder auf?“. Das gehört zur Selbständigkeit einfach dazu. Es geht darum, zu lernen, damit umzugehen und ins Vertrauen zu kommen.“
Wer mit einer Selbständigkeit liebäugelt, darf sich auf diese Hochs und Tiefs gefasst machen – Angst und Zweifel gehören einfach mit ins Selbständigen-Paket.
Und vergiss die Idee von „Erst wenn ich diese Angst nicht mehr habe, kann ich in die Selbständigkeit starten“. Dann startest du nämlich nie.
Von der Übersetzerin zur Texterin
Meike sagt, sie habe es andersrum gemacht als andere üblicherweise in die Selbständigkeit starten:
„Die meisten überlegen erst, was sie eigentlich machen wollen und starten dann in die Selbständigkeit. Ich habs andersrum gemacht und gedacht, ok, was kann ich – und habe einfach die simpelste Lösung genommen. Ich weiss, wie der Laden läuft und werde einfach Übersetzerin und dann schauen wir mal, was passiert, und hab dann aber auch relativ schnell gemerkt, dass es nicht nur an den Strukturen der Festanstellung lag, dass mir der Job nicht so gepasst hat, sondern es kommt auch wirklich auf die Tätigkeit an sich an.
Mir ist schnell klar geworden: übersetzen kann ich zwar, aber ist es auch wirklich das, was ich WILL, was mich erfüllt, was das Feuer in mir weckt und mir Lust macht auf die Arbeit? Und da habe ich dann gemerkt, dass ich mich da auch nochmal umorientieren darf: was ist es eigentlich, was ich machen möchte?
Viel Introspektion, viel Reflexion, viel Hingucken, wer bin ich, was will ich, was ist meine Berufung?“
So ist Meike dann zum Texten gekommen. Sie ist im Feld der Worte und Sprache geblieben, schliesslich hatte es ja seinen Grund, dass sie einst einmal Sprachwissenschaften studiert hatte. Die Kreativität, selbst Dinge erschaffen, die richtigen Worte finden anstatt „nur“ etwas zu übersetzen, was schon existiert – das ist es, was sie zum Texten gezogen hat.
„Auch das war ein Prozess. In der Selbständigkeit gibt es nie diesen Moment, wo du sagst „ok, jetzt bin ich angekommen“, es ist immer eine Weiterentwicklung, auch wenn du irgendwann dein Thema gefunden hast, dann hast du wieder Ideen für neue Angebote oder es ergeben sich irgendwelche Projektanfragen oder Kooperationen, wo du einen neuen Aspekt mit aufnimmst. Gerade in der Selbständigkeit entwickelst du dich kontinuierlich weiter und entdeckst dich auch selber immer wieder ganz neu.“
Eine Selbständigkeit verläuft nicht linear. Du wirst nicht Texterin, und dann schreibst du die nächsten 30 Jahre für Kunden Texte. Du und deine Selbständigkeit, ihr wächst miteinander, ihr entwickelt euch miteinander weiter.
Sich ausprobieren und neu entdecken
Zu der scheinbaren Spannung zwischen dem Dranbleiben und Neuem ausprobieren sagt Meike:
„Es ist gut, am Anfang mal eine Idee zu haben und loszulegen. 100 % sicher ist man ja nie, und wenn man darauf wartet, legt man sowieso nie los. Darum: einfach mal loslegen mit dem, was sich am passendsten anfühlt.
Idealerweise (das hätte ich heute vielleicht anders gemacht) bevor man ins kalte Wasser springt, vielleicht erst mal die Zehen reinhalten. Wenn die Möglichkeit besteht, vielleicht erst mal neben dem eigentlichen Beruf auszuprobieren, was funktioniert für mich gut, für erste Kunden zu arbeiten, zu gucken, wie klappt das so, was haben die für Erwartungen und Wünsche und vielleicht das Angebot anzupassen.
Wenn man es erst mal nebenberuflich ausprobieren kann, bevor man ganz ins kalte Wasser springt, das würde ich empfehlen, gerade für die finanzielle Sicherheit. Wenn man mal merkt, dass es Interessenten gibt, dass es ganz gut klappt, ist es nochmal einfacher, komplett reinzuspringen in die Tätigkeit.
Aber ich kenne niemanden, der heute noch das macht in der Selbständigkeit, womit er angefangen hat. Dass man es sich auch erlaubt, sich zu entwickeln und sich nicht selbst zwingt, dabei zu bleiben, sondern man darf sich weiter entwickeln, man darf sich neu orientieren, man darf auch neue Leidenschaften entdecken.
Früher habe ich die Leute beneidet, die einfach ein Hobby hatten, die genau wussten, was sie wollten immer so zielstrebig ihre Visionen verfolgt haben. Für mich ist es mittlerweile auch schön, mich auszuprobieren, Neues zu entdecken, neue Aspekte in der Selbständigkeit, neue Ideen auch als Angebote reinbringen zu können. Sich immer wieder neu kennenlernen, immer mehr herausfinden, wer bin ich eigentlich, was will ich?
Also, es macht Sinn, sich einmal auf den Hosenboden zu setzen und diesen Kern rauszukitzeln. Ich nenne das gern den Purpose oder den Lebenssinn, also das, was wirklich ganz, ganz tief drinsitzt, was der grosse Zusammenhang ist zwischen all diesen Interessen und Leidenschaften.
Aber wie man diesen Lebenssinn dann auch füllt und einsetzt und auch in die Selbständigkeit einbringt, das kann dann ja ganz vielfältig und unterschiedlich sein. Da darf man sich selber auch nicht zu sehr einschränken, weil: das haben wir ja schon in der Festanstellung gehabt.“
Und mach dir keinen Stress, wenn du das nicht sofort findest. Das ist womöglich eine unserer Lebensaufgaben, diesen Sinn zu finden. Wie bei einer Zwiebel schälst du immer wieder etwas ab und kommst dem Kern näher. Dann merkst du immer besser, was dein Lebenssinn ist.
Auf diese Weise spürst du, dass du auf dem richtigen Weg bist. Oder auch auf dem falschen. Zeit für eine Kurskorrektur.
Purpose – der Schirm, der über allem steht
„Eine Selbständigkeit aufzubauen braucht Zeit. Da darf man auch dranbleiben. Neben Vertrauen ist Geduld das allerwichtigste Werkzeug in der Selbständigkeit. Und auch, sich nicht entmutigen zu lassen.
Wenn du eine klare Vision hast und weisst, damit will ich was Gutes tun, den Menschen helfen, dann bleib da dran, solange es in dir brennt. Es kommt ja auch nicht so oft vor, dass man sagt, ich mache jetzt etwas komplett Anderes. Für mich habe ich festgestellt: es gibt immer irgendwo diesen Kern. Klar gibts dann neue Aspekte, wie bei mir von der Übersetzerin zur Texterin. Das ist zwar eine Umpositionierung, aber es hat immer noch diesen Sprachaspekt mit drin.
Aber es können auch neue Elemente dazukommen. Ich bin zum Beispiel auch noch Coach, Sinn-Coach, einfach auch, weil mich dieses Thema Purpose und Berufung so beschäftigt, aber auch das gehört für mich zusammen. Auch das gehört für mich unter diesen einen Schirm, der mich ausmacht, der über meinen Interessen steht. Für mich schliesst das eine das andere nicht aus.“
Meike hilft als Coach ihren Kundinnen, ihre Berufung zu finden. Und als Texterin hilft sie ihren Kundinnen, ihre Berufung umzusetzen. Für beide Aufgaben nutzt sie das Werkzeug Sprache. Insofern passen diese Tätigkeiten bestens unter einen Schirm.
Einfach mal machen!
Meike empfiehlt folgendes Vorgehen, um das Thema für die eigene Selbständigkeit zu finden:
„Erst einmal genau hingucken. Was macht mich aus? Was könnte ich in die Welt bringen? Ist das, was ich gut kann auch das, was mich langfristig begeistert? Weil man in der Selbständigkeit langfristig dranbleiben muss, um weiter zu kommen und am Ende des Monats den passenden Betrag auf dem Konto zu haben, gerade deshalb sollte es idealerweise etwas sein, was dich langfristig begeistert, wo du auch dranbleiben willst.
Das würde ich mir selber als Tipp geben. Dass ich vielleicht ein wenig weniger naiv starte, sondern vorab einen ordentlichen Blick drauf werfe und schaue, was ist eigentlich das, was in mir schlummert, was unbedingt raus will, was mein Herz zum Strahlen bringt, was mich mit Feuer erfüllt, damit die Chancen gut stehen, damit du in der Selbständigkeit über einen langen Zeitraum, auch wenn eine Welle aus Zweifeln kommt, wenn mal eine Flaute kommt, dass du dann das Feuer in dir hast, das du brauchst, um in solchen Moment dranzubleiben und weiterzumachen.“
Genau da hilft Meike ihren Coaching-Kund*innen. Nicht ausschliesslich Menschen, die im Job oder in der Selbständigkeit unzufrieden sind, sondern im Leben allgemein nach mehr Sinn suchen, die ihren Purpose dann vielleicht in einem Hobby ausleben wollen oder in einer ehrenamtlichen Tätigkeit.
„Für mich geht es wirklich um dieses globale „Wer bin ich, was macht mich aus, was erfüllt mein Leben mit Sinn?“ und wie man das dann im Alltag umsetzt, das kann ja dann ganz unterschiedlich aussehen.“
Klarheit schaffen. Aus mehr Klarheit kann so viel mehr entstehen.
„Wenn man dann diese Klarheit hat, kann man auch einfach loslegen. Das ist mein Tipp schlechthin für eine Selbständigkeit: einfach machen. Dranbleiben, aber auch wieder hinschauen, bin ich auf dem richtigen Weg? Und dann offen bleiben, Vertrauen haben, einmal in die eigenen Fähigkeiten, aber auch in den Lauf der Dinge.“
Meikes wichtigste Tipps für die Selbständigkeit
- Hab Vertrauen
- Hab Geduld
- Einfach machen
Warte nicht darauf, bis du dich bereit fühlst. Warte nicht darauf, bis du die Sicherheit hast, die du dir wünschst. Die kommt auf dem Weg. Mach einfach!
***
Folge Meike Key auf Instagram und auf LinkedIn.
***
Vielen Dank, liebe Meike, für dieses ermutigende Gespräch! 🤎
Hinterlasse einen Kommentar