Ist bei dir ein mutiger Sprung fällig? Du möchtest vom Schreiben leben? Den Quereinstieg als freie Texterin wagen? Und doch hast du noch so deine Zweifel, ob du das schaffen kannst? So ganz ohne Ausbildung? Noch ohne erste Veröffentlichung? Praktisch ohne Erfahrung?
In diesem Artikel findest du eine Übersicht über den Beruf, die nötigen Kompetenzen und Ausbildungen, wie auch meine Gedanken zur Spezialisierung und zu deinen ersten Schritten.
Das Wirrwarr um die Berufsbezeichnung (Freelance Writer)
Erst einmal möchte ich hier meine höchst persönliche Definition der Berufsbezeichnung klären, die im englischsprachigen Raum so überaus praktisch “Freelance Writer” heisst. Heute werden Online-Redakteure, Content Manager, Webtexter gesucht. Blogger, Social Media Manager und Ghostwriter. Eine Menge englischer Berufsbezeichnungen, von denen du so erahnen kannst, was genau gemeint ist, und doch bleibt das Unbehagen, dass wir nicht alle das gleiche damit meinen.
Spätestens bei der Erstellung deiner Webseite wirst du klären müssen, unter welcher Berufsbezeichnung du auftreten möchtest.
Eine ganze Weile habe ich nach einem Berufsbegriff gesucht, der mir einigermassen behagt, und schliesslich bin ich ganz banal bei “freie Texterin” gelandet.
Die freie Texterin schreibt Auftragstexte für Kundinnen und Kunden. Im Deutschen wird der Begriff “Texterin” oft mit “Werbetexterin” gleichgesetzt. Eine Texterin kann zwar Werbetexte anbieten, muss sich aber längstens nicht bloss darauf beschränken. Die Vielfalt an möglichen Texten ist enorm: Texte für Webseiten, Social Media, Newsletter, Verkaufsseiten, Content Marketing mit Blog-Artikeln, Whitepapers, Erfolgsgeschichten, aber auch Texte für die guten alten Flyer und weitere Print-Produkte.
Das “frei” oder “freiberuflich” oder “Freelance” bezieht sich auf die Selbständigkeit. Es gibt ja auch Texter*innen, die bei Firmen fest angestellt sind. Von dieser Arbeitsform spreche ich auf dieser Webseite nicht. Es geht immer um die freiberufliche Form und damit um selbständig Erwerbende.
Quereinstieg als freie Texterin: welche Ausbildung brauchst du?
Du brauchst keine Ausbildung für deinen Quereinstieg als freie Texterin. Das ist toll, du kannst wirklich einfach anfangen.
Natürlich gibt es aber Ausbildungsmöglichkeiten, falls du dir vorab schon einmal ein paar Grundlagen aneignen willst:
Abgesehen von einem vollumfänglichen Uni- oder Fachhochschulstudium in Germanistik, Journalismus, Kommunikation, Multimedia und ähnlichem, gibt es reihenweise Kurse für Texter, Content Marketing Manager, Online-Redaktoren, Autoren, kreatives Schreiben etc.
Ich bin mit zwei Reisejournalismus-Kursen beim überaus erfolgreichen Reisejournalisten Helge Sobik im Medienbüro Hamburg eingestiegen. Das hat mir ein gutes Einstiegswissen und ein wenig Praxis gebracht, vor allem aber auch wertvolle Kontakte zu anderen Menschen, die auf dem gleichen Weg sind.
Kompetenzen einer freien Texterin: Siebesiech und Wunderwuzzi
Schön wärs, würde es für den Quereinstieg als freie Texterin und Journalistin reichen, einfach nur gut schreiben zu können. Nein, gefragt sind viele weitere Kompetenzen:
- Hartnäckigkeit
- Ausdauer
- Selbstvertrauen
- Eigeninitiative
- Flexibilität
- Talent, Lust, Mut zum Netzwerken
- Feine Beobachtungsgabe
- Empathie
- Neugier für Menschen und neue Themen
- Interview: gut zuhören, gezielt fragen
- Freude am Schreiben
- Gespür für Sprache
- Freude und Interesse am Fotografieren
Besonders die ersten drei Punkte halte ich für enorm wichtig. Ich bin nicht von Natur aus mit viel Ausdauer ausgestattet, aber mein Leben als freie Texterin hat mich gelehrt, ausdauernd und geduldig zu sein. Ansonsten wäre ich nach drei Monaten wieder davongelaufen.
Willst du diesen Weg gehen, musst du mit Absagen, schroffem Umgangston und wenig Wertschätzung umzugehen lernen. Ein gesundes Selbstvertrauen hilft da sehr. Daher führe ich das “Sprachtalent” erst zum Schluss auf. Du kannst noch so talentiert im Schreiben sein, aber wenn du nicht den Biss hast, um immer wieder nach neuen Aufträgen zu suchen, dann wird das nichts mit deinem Schreib-Business.
Was macht eine freie Texterin den ganzen Tag?
Als Texterin sitzt du (leider?) nicht nur an deinem Computer und schreibst. Du machst eine ganze Reihe anderer Dinge, bis du überhaupt zum Schreiben kommst. Und nach dem Schreiben warten auch viele lustige Arbeiten auf dich.
- Kunden recherchieren
- E-Mail (Pitch) an potenzielle Kunden
- Preise berechnen und Offerten schreiben
- Honorar verhandeln
- Briefings lesen, verstehen, umsetzen
- Pitch: Absagen oder gar keine Reaktionen verarbeiten
- Aufträge verwalten, Termine unter Kontrolle behalten
- Texte schreiben, editieren, übermitteln
- Rechnungen schreiben (und unter Kontrolle behalten)
- Buchhaltung
- Marketing
- Fortbildung
- Lesen, lesen, lesen…
Ein grosser Teil dieser Arbeiten sind jene, die praktisch jede*n Freiberufler*in zu bewältigen hat. Sie können durchaus die Hälfte deiner Berufstätigkeit ausmachen.
Spezialisierung, Nische – muss das sein?
Manche Menschen sagen, ohne Nische kann man als Texterin nicht erfolgreich sein. Das glaube ich zwar nicht, aber ich bin der Meinung, dass es sehr hilfreich ist, auf ein Thema oder mehrere spezialisiert zu sein. Das hat zwei grosse Vorteile:
Je besser du dich in einem Thema auskennst, desto leichter fällt es dir, in diesem Gebiet zu schreiben, weil du die Grundlagen nicht mehr recherchieren musst. Zudem hast du meistens schon einige Kontakte, die dir allenfalls helfen können, wenn du weitere Infos oder Interviewpartner brauchst.
Der zweite Vorteil der Spezialisierung ist die leichtere Vermarktung deines Angebots. Du kannst ganz gezielt Menschen ansprechen, die sich in deiner Nische bewegen.
Ich schreibe zum Beispiel in der Nische “Fahrrad, Aktivreisen und Verkehrswende”. Weil ich einen Fahrradblog habe und anfänglich vor allem Radreiseberichte geschrieben habe, bin ich mehr und mehr in die Themen rund ums Fahrrad hineingewachsen und werde mittlerweile für Aufträge angefragt.
Dein Einstieg – mach die ersten Schritte
Wenn du bis hierher gelesen hast, ist es dir wahrscheinlich ernst mit dem Quereinstieg als freie Texterin. Dann ist es Zeit, die ersten Schritte zu gehen. Welche das sind?
- Erstelle deine Texter-Webseite, so dass du längerfristig von deinen potenziellen Kunden gefunden wirst.
- Beginne, dein Portfolio aufzubauen: deine Text-Beispiele sind deine Visitenkarte.
- Hast du noch keine veröffentlichte Texte, schreibst du selber welche und fügst sie als PDF in dein Portfolio. Du kannst deinen eigenen Blog verwenden oder Gastartikel auf anderen Webseiten schreiben.
- Werde sichtbar auf Social Media und verkünde überall, dass du ab sofort Texte für Kund*innen schreibst.
Und dann schreib!
Der Quereinstieg als freie Texterin geht nur übers Tun, über den mutigen Sprung in unbekannte Gewässer.
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Hast du bereits Erfahrungen zum Quereinstieg als freie Texterin gemacht und magst in den Kommentaren davon berichten? Was hat sich bewährt, was weniger? Was würdest du jemandem empfehlen, der/die ganz neu ist?
* Foto: Markus Winkler on Unsplash*
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