Jahrzehntelang war ich im Wenn-Dann-Glück gefangen. Das ging so:
Ich bin glücklich.
Ich brauche nur noch…
… einen Job, der mir gefällt
… mehr Zeit zum Reisen
… eine zuverlässige ortsunabhängige Geldquelle
…
Kennst du das? Du bist ja eigentlich schon glücklich.
WENN du jetzt noch
- ein helleres Haus
- ein paar Kilos weniger
- lustigere Mitarbeitende
- einen viferen Mann
- …
… hättest, DANN wärst du vorbehaltlos glücklich.
Bedingt glücklich: das Wenn-Dann-Glück
Ich war überzeugt:
WENN ich erst mal das Gymnasium abgeschlossen habe, DANN bin ich frei, kann studieren, was mir Spass macht und bin glücklich.
WENN ich mein Studium abgeschlossen habe, DANN habe ich einen coolen Job, verdiene genug Geld, um mir ein glückliches Leben einzurichten und habe Zeit, mich mit dem zu beschäftigen, was mich wirklich interessiert.
WENN ich den Gips von meinem rechten Arm los bin, DANN kann ich wieder Sport machen, mich frei bewegen, und dann werde ich ewig dankbar und glücklich sein.
WENN ich wieder eine Stelle finde, DANN bin ich ewig dankbar und glücklich (nach einer Reise, wieder auf Stellensuche).
WENN ich diese Stelle loswerde und frei und ortsunabhängig arbeiten kann, DANN bin ich für immer glücklich.
Tja.
Auf jedes erfüllte DANN folgt ein neues WENN
Alles ist eingetroffen:
Ich habe sowohl das Gymnasium als auch das Studium abgeschlossen, meinen rechten Arm vom Gips befreit, nach der Reise wieder einen guten Job mit Festanstellung bekommen und mich dessen auch bald wieder entledigt, um ortsunabhängig zu arbeiten.
Insofern war ich mindestens 5-fach glücklich. Bloss hatte ichs nicht bemerkt.
Weil mit jedem erfüllten DANN gleich das nächste WENN auftauchte.
So verschob ich also mein Glück immer wieder auf später. Auf den Moment, in dem die Ziele erreicht, die Bedingungen erfüllt wären.
Gibts ein Leben zwischen dem WENN und DANN?
Leider hatte ich übersehen, dass ich in der Zeit zwischen dem WENN und dem DANN auch noch lebe.
Ich war so heftig auf der Jagd nach meinem freien, selbstbestimmten Leben. Also: WENN ich erst mal ortsunabhängig vom Schreiben leben kann, DANN bin ich endlich frei und glücklich.
Das Ziel war völlig in Ordnung.
Aber bis zur Erfüllung des DANN würde ich ja auch noch leben. Nicht nur ackern wie ein Manager, der sich nicht mehr spürt.
Zum Glück legte mich mein kluger Körper für eine Woche ausser Gefecht, und ich war gezwungen, mein aktuelles Gerenne und Ziel zu überdenken. Da kam mir diese Einsicht mit der Endlosschleife des Wenn-Dann-Glücks.
Hoffentlich nachhaltig.
Weil ich auf diese Weise niemals zufrieden sein werde mit meinem Leben.
Fetter Brocken.
Die Frage drängte sich auf: wie denn sonst?
Warum nicht gleich glücklich?
Freundlicherweise werden dir ja immer die Dinge vor die Nase gehalten, die du gerade brauchst. Mit etwas Glück (oder eher Grips?) begreifst du auch rechtzeitig, dass du jetzt hinschauen und zugreifen solltest.
Diese Lektion hatte ich wohl schon Dutzende Male präsentiert bekommen, aber ich hatte sie nicht als die meinige erkannt. Nämlich:
Sei doch einfach jetzt gleich glücklich.
Ach!, wirst du jetzt aufjaulen, wenns so einfach wäre, wäre ja jeder glücklich.
Ja, es IST so einfach. Das Konzept zumindest. Du kannst dich dafür entscheiden, und dann: üben, üben, üben. Die Ausführung ist nicht ganz so einfach, weil sie ein Umdenken und vor allem Um-Fühlen erfordert. Ein Verändern der Gedanken und Gewohnheiten, welche dich in die aktuelle Situation geführt haben.
Und das Fühlen, wie du dich fühlen willst. Ja, auch das lässt sich steuern. Über die Gedanken.
Das Sofort-Glück heisst:
Ein gutes Gefühl wählen
Das war für mich der grosse Wendepunkt.
Verstehen, dass ich jederzeit ein gutes Gefühl wählen kann.
Ein Ziel verfolge ich ja ohnehin nur, weil ich mir erhoffe, mich nach dessen Erreichen glücklich zu fühlen. Erfüllt, leicht, freudvoll, … was auch immer.
Mit einem Ziel geht immer der Wunsch nach einem guten Gefühls einher.
Zum Beispiel: Ich will ortsunabhängig arbeiten und dabei gut verdienen, weil ich mir erhoffe, mich leicht, frei und erfüllt zu fühlen.
Ich kann mich jetzt schon leicht, frei und erfüllt fühlen, wenn ich meine Gedanken darauf ausrichte. „So tun, als ob…“ ist hier sehr angebracht. Zum Beispiel so:
Mit flatterndem Rock holpere ich auf meinem Fahrrad durch mein italienisches Städtchen, die Einkäufe vom Markt im Lenkerkorb. Ein kurzer Stopp bei der Bar, ein Schwatz mit dem Barista, ein Kaffee, und zurück gehts zu meiner Dachwohnung. Ich setze mich auf die Terrasse mit Blick auf das Meeresglitzern und schreibe am aktuellen Reiseartikel. Der Jasmin duftet, die Katze liegt im Schatten, mein Liebster stellt mir ein Glas Wasser hin und setzt sich ebenfalls zum Arbeiten an den Tisch… Und so weiter.
Kannst du dir vorstellen, dass ich beim Eintauchen in diese Szene leicht, frei und erfüllt fühle? Und das sind echte Gefühle, hier und jetzt. Geht recht einfach.
Freude
Ähnlich simpel wie das Gefühlefühlen: bring mehr Freude in dein Leben. Mach viel mehr von dem, was dir ein gutes Gefühl gibt. Das hat mir der geniale Stefan Hiene beigebracht.
Es ist ja schon bemerkenswert, dass uns jemand sowas Natürliches erst mal wieder beibringen muss. Als Kind war es doch sonnenklar, dass du tust, was dir Freude macht. Als Erwachsene können wirs wieder lernen.
Also, tu, was dir Freude macht, was immer das ist!
Schön, oder? Einfach machen, was du gerne machst.
Jaja, ich weiss, dein Tag ist voll, du hast keine Zeit. Aber ehrlich: willst du zufriedener sein? Dann findest du Zeitfenster, in denen du das tun kannst, was dir wirklich Freude macht. Wenn auch nur 10 Minuten pro Tag. Heute. Nicht erst, WENN…
Vom Wenn-Dann-Glück zum Jetzt-Glück
Das Verstehen dieses Konzepts des Wenn-Dann-Glück hat mein Leben wesentlich entspannt. Echt überrascht hat mich die Erfahrung, dass ich mich JETZT SCHON gut fühlen kann. Ich muss nicht warten, bis ein Ziel erreicht ist, das ich ja sowieso nur verfolge, weil ich mir davon ein gutes Gefühl erhoffe.
Jetzt bin ich glücklich. Ohne Wenn.
Und du?
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Foto: Alexander Schimmeck on Unsplash
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